Am 20.September wird sie in Altaussee den Paul Preuss Preis von der internationalen Paul Preuss Gesellschaft (IPPG) für ihr alpines Lebenswerk überreicht bekommen. Wir vom runOut Magazine ziehen mal alle unsere Hüte, und gratulieren schon mal recht herzlich zu dieser außerordentlichen Leistung!
Babsi Zangerl – 13. Preisträgerin des Paul Preuss Preises
Text und Interview: Horst Jobstraibitzer

Die gebürtige Bludenzerin (geb. am 24.05.1988) gehört zu den aktuell besten Kletterinnen weltweit. Bereits mit 19 Jahren gelingt ihr als erster Frau ein Boulder im Schwierigkeitsgrad 8b (Pura Vida im Magic Wood). Seitdem betreibt sie alle Spielarten des Alpinismus auf höchstem Niveau.
Zu ihren größten Erfolgen zählen eine freie Begehung der „Eternal Flame“ am Nameless Tower im Karakorum, ohne ein einziges Mal zu stürzen und die alpine Trilogie mit „Silbergeier“, „Des Kaisers neue Kleider“ und „End of Silence“.
Babsi hat 8 Routen am El Capitan im Yosemite Valley frei geklettert und war in schwierigsten Trad- und Sportkletterrouten erfolgreich. Sie lebt mit ihrem Lebens- und Kletterpartner Jacopo Larcher in Vorarlberg.
Climax: Hey Babsi. Herzlichen Glückwunsch zur Verleihung des Paul Preuss Preises 2025 am 20. September in Altaussee. Dieser Preis wird heuer zum 13. Mal vergeben und würdigt das alpine Lebenswerk des jeweiligen Preisträgers im Sinne von Paul Preuss. Hast du jemals daran gedacht, diesen Preis zu erhalten?
Babsi: Danke dir! Was für eine Ehre, da freue ich mich natürlich sehr. Es war für mich schon eine große Überraschung, damit habe ich nicht gerechnet.
Climax: Dieses Event ist in seiner Art wohl weltweit einzigartig. Bei keiner Veranstaltung sonst kommen so viele Spitzenalpinisten zusammen. Warst du schon einmal dabei?
Babsi: Nein, ich war noch nie dabei.

Climax: Paul Preuss hat seine Erstbegehungen unter Einhaltung strenger, von ihm selbst auferlegter, Regeln durchgeführt. So hat er den Einsatz von Haken zur Fortbewegung bei seinen Routen strikt abgelehnt. Getreu, seinem Motto „Das Können ist des Dürfens Maß“ vertrat er die Meinung, dass er jede Kletterstelle, die er im Aufstieg meisterte, auch im Abstieg klettern können muss. Hast du auch Regeln für dein Tun, die über die allgemein üblichen Ethiken des modernen Sportkletterns hinausgehen und die dir das Leben oft schwerer machen als es notwendig wäre?
Babsi: Ja, ich finde es natürlich wichtig, dass man im Klettern einer gewissen Ethik treu bleibt. Natürlich gibt es da verschiedene Herangehensweisen. Ich kann aber definitiv nicht behaupten, dass ich die schwersten Stellen auch wieder abklettern könnte, 🙂
Ich finde es für mich persönlich wichtig, den Stil der Erstbegeher zu würdigen. Wenn eine Route „ground up“ eröffnet wurde, steige ich natürlich ebenfalls von unten ein und arbeite mich nach oben. Ich würde mich in solchen Routen also nicht von oben abseilen und schwierige Passagen und Seillängen im Toprope auschecken zum Beispiel.
Moderne Hilfsmittel wie Clipstick oder zusätzliche Schlaghaken oder ähnliches zu verwenden, würde eine Begehung zwar oft vereinfachen, aber dadurch zerstört man definitiv den Lernprozess und das Abenteuer.
Das ist mir wichtig, dass man das respektiert. Bei unseren gemeinsamen Projekten mit Jacopo (Larcher) ist uns wichtig, dass wir beide jeweils die schwersten Längen immer im Vorstieg klettern und mobile Sicherungsmittel wie Camelots während des Kletterns platzieren. Bei niedrigeren Wänden (mit weniger Zeitaufwand) wie zum Beispiel im Rätikon steigt jeder alle einzelnen Seillängen nacheinander vor und der Partner macht das Gleiche an einem anderen Tag (alles im Vorstieg und immer ground up).
Beim Haulbag hochziehen wechseln wir uns ab und wenn`s richtig schwer wird, arbeiten wir zusammen damit das Ganze ausgeglichen bleibt. Das sind unsere persönlichen Richtlinien.
Machen kann es jeder wie er/sie will, aber ich denke eine klare Kommunikation ist schon wichtig. Generell denke ich, dass wir unseren Vorgängern Respekt zeigen sollten und gewisse Ethiken auch in Zukunft wahren sollten.
Was ich gar nicht mag sind überbohrte Routen oder wenn es nur mehr um Rekorde geht! Diese Schneller-Höher- Besser- Superlativen ohne Rücksicht auf den Stil! Das zerstört das Abenteuer im Klettersport und bringt uns nicht weiter.
Climax: Ich habe einmal gelesen (zumindest glaube ich, es gelesen zu haben), dass es dir wichtig ist, Bigwalls am El Capitan ground up in einem single push zu klettern, ohne zuvor Sequenzen ausgecheckt zu haben. Hast du das an allen Bigwalls so umsetzen können oder hast du dich auch mal von oben in die Tour geseilt um einzelne Passagen auszubouldern oder Fixseile benutzt?
Babsi: Also wir sind jede Route zuerst von unten eingestiegen und bis zum Gipfel durchgeklettert. Ein paar Routen sind wir in einem single push durchgeklettert aber bei den schwersten Routen – da sind wir mehrmals eingestiegen, bis es dann funktioniert hat. Wir haben auch Fixseile installiert und die schweren Seillängen oft über mehrere Tage projektiert und ausgebouldert, bis wir dann bereit waren das Ganze in einem Push zu klettern. Das hätten wir in einem einzigen Push sicher nicht geschafft. Da waren die Routen schlicht und einfach zu schwer.
Die „Nose“ und die „Magic Mushroom“ sind wir zuerst von unten komplett bis zum Gipfel durchgeklettert (nicht Rotpunkt!). Im Nachhinein haben wir uns vom Gipfelplateau dann auch in die Tour abgeseilt. Bei beiden Routen ist die Schlüsselseilllänge ganz oben und die haben wir noch einmal genau ausgecheckt, bevor wir den finalen Durchstiegsversuch gemacht haben.

Climax: Du hast mit der Flash Begehung der Route „Freerider“ Geschichte geschrieben und bist die Erste die eine Route am El Capitan, ohne zu stürzen im ersten Versuch geklettert ist. Hast du dich mit dem Studium diverser Videos von dieser Route vorbereitet? Von der Crux gibt es diesen Film von Alex Honnold wo man eine sehr genaue Vorstellung bekommt wie es geht.
Babsi: Ja, wir haben uns das Boulderproblem – die „Crux“ natürlich schon vor dem Flash auf Video mehrmals angesehen. Wir hatten eine ungefähre Vorstellung wie die Züge dieser Passage sind, durch den Film von Alex Honnold. Das war schon sehr hilfreich. Also wir waren gut vorbereitet auf diese Seillänge und auch auf den „Monster Offwidth“. Der Rest war eher ein großes Fragezeichen.
Climax: Gibt es Kletterrouten, an die du dich noch nicht herangewagt hast, weil es dir aktuell noch nicht möglich erscheint, sie gemäß deinen ethischen Vorstellungen in Angriff zu nehmen? Einfach weil sie für dich noch ned save genug abzusichern sind und du dir ned mit toprope auschecken nicht deine Träume nehmen lassen willst?
Babsi: Da gibt es sicher einige. Also wenn es für meinen Geschmack zu wild ist, oder ein zu großes Risiko besteht, drehe ich um. Das kann auch bei leichteren Routen passieren. Oder man dreht um und kommt wieder in der Hoffnung, dass man mental besser drauf ist beim nächsten Mal.
In meiner Kletterkarriere habe ich mich am meisten gefürchtet in den vermeintlich eher leicht bewerteten Längen, die teils brüchigen Fels hatten oder schlecht abgesichert waren. 😉Aber generell – bei sehr kompaktem Fels im Kalk – da gibt es meist Bohrhaken. Im Granit findet man oft Risse, die man gut absichern kann. Da ist es umso besser wenn man auf Schlag- oder Bohrhaken verzichtet.
In den Dolomiten gibt es zum Beispiel sehr anspruchsvolle, schlecht abgesicherte Routen mit teils brüchigem Fels. Da kann man schnell an seine Grenzen kommen. Das kann ein ultimatives Abenteuer sein – sehr anspruchsvoll, aber natürlich auch sehr inspirierend. Die Erstbegeher müssen ja auch irgendwie hochkommen. Gerade bei bestehenden Routen „die ground up“ erstbegangen wurden, ist es schon meistens möglich „irgendwie raufzukommen“ aber das auch Rotpunkt zu klettern ist nochmals eine ganz andere Nummer. Aber prinzipiell haben’s die Wiederholer ja immer leichter als die Erstbegeher.
Ich finde es extrem inspirierend, wenn Routen von unten erstbegangen werden. Zum Beispiel der „Silbergeier“ von Beat Kammerlander oder die „Bellavista“ von Alex Huber – zwei komplett unterschiedliche Routen an komplett gegensätzlichem Fels. Das sind Meilensteine, um nur zwei von vielen zu erwähnen. Ich habe riesigen Respekt vor diesen Meisterleistungen – so etwas zu eröffnen, ist der Wahnsinn.
Zum Silbergeier:
Da sind sehr weite Hakenabstände. Man sichert an Bohrhaken, weil es keine Möglichkeit gibt, die Route selbst abzusichern mit Stoppern und Camelots. Der Fels dort ist viel zu kompakt und glatt. Da weiß man schon beim Einsteigen, dass beim Bohrhaken ein Griff sein muss, den man halten kann, denn sonst wäre da ja kein Bolt.
Aber mir ist es im „Silbergeier“ passiert, dass ich zwei Tage lang nicht einmal die erste Seillänge hochgekommen bin, weil man extrem lange Passagen zwischen den Bohrhaken klettern muss. Man kann da das Seil nicht einfach vorhängen. Außer man nutzt einen Clipstick, aber das ist für mich ein schlechter Stil. Wenn man so ein Hilfsmittel verwendet, muss man weder improvisieren während dem Klettern, noch den inneren Schweinehund überwinden.
Ich glaube, viele sehen den Reiz beim Klettern von Mehrseillängenrouten gerade wegen dieser Herausforderungen. Der Clipstick zerstört dieses Erlebnis. Ohne Clipstick stürzt man eben immer wieder ins Seil, teilweise sehr weit und irgendwann sind Kraft und Nerven verbraucht und es ist an der Zeit abzuseilen. Nach einer Pause kehrt man ein paar Tage später zurück und probiert wieder und wieder – so lange bis es funktioniert. Für mich ist das ein megacooler Prozess.
Und ganz ehrlich – hätte sich der Beat den „Silbergeier“ einfach technisch hochgebohrt, dann wäre die Route nicht so einzigartig abenteuerlich, anspruchsvoll und cool, wie sie heute ist. Wir können echt dankbar sein, dass es solche Touren gibt und dass die Pioniere dieser Zeit solche Ansprüche an sich selbst und ihre Erstbegehungen hatten. Damit haben wir auch heute noch die Chance, diese Klettereien in ihrer Ursprünglichkeit erleben zu können und vom Spirit der Erstbegeher lernen zu dürfen. Es wäre ein großer Traum von mir einmal eine Route an einer Bigwall zu eröffnen, in einem guten Stil.
Climax: Du bist Beat´s Prinzip Hoffnung an der Bürser Platte bereits 2014 geklettert. Hast du damals die Tour im Toprope ausgecheckt oder hast du gleich Vorstiegsversuche von unten unternommen? Kennst du jemanden der in dieser Route konsequent auf`s Toprope verzichtet hat und erfolgreich war?
Babsi: Soweit ich weiß, gibt es niemanden, der diese Route „ground up“ mit gleichzeitigem Platzieren der Sicherungen geklettert ist. Aber wenn da einmal jemand kommt und von unten vorsteigt, ganz ohne Toprope – „Hut ab“ das wäre noch einmal ganz eine andere Nummer. Wenn die Route einfach zum Absichern wäre, hätte das sicher schon jemand gemacht. Aber man hat großteils Micro Keile, die man sehr genau platzieren muss, damit sie bei einem Sturz auch halten. Das macht das Ganze sehr tricky und gefährlich im „ground up“.
Climax: Du bist ja ned allzu oft im Osten Österreichs. Wirst du im Zeitraum der Preisverleihung mehrere Tage im Dachsteingebiet bleiben, um dort zu klettern? Hast du dir schon Routen ausgesucht, die dich interessieren? Das Gesäuse ist ja auch ned weit weg von Altaussee und dort gibt es an der Dachl Nordwand zwei bis dato unwiederholte Routen vom Kemeter Mich die er im Bereich 8c+/9a einstuft. Damit würden sie zu den schwierigsten Routen im gesamten Alpenraum gehören. Würde es dich reizen, dir einmal eine dieser mittlerweile mythosbehafteten Routen anzuschauen?
Babsi: Logisch würde mich das interessieren. Das Gebiet, vor allem das Gesäuse schaut mega aus. Irgendwie hats mich aber immer woanders hin verschlagen. Ich würde aber sehr gerne dort einmal klettern!! Da müssen wir uns echt einmal Zeit nehmen.
Climax: Du hast 6 Bigwalls am El Capitan rotpunkt durchstiegen. Gibt’s schon a Idee, was die nächste Route am Big Stone werden wird?
Babsi: Insgesamt 8 (El Nino, Zodiac, Magic Mushroom; Pre-Muir, Nose, El Corazon, Freerider; Golden Gate). Da gibts noch echt viel!! Im Herbst sind wir wieder dort! Ich freu mich schon voll. Die „Salathe Wall“ wollte ich schon immer einmal klettern oder die „Heart Route“, die „Passage to Freedom“…. Ach, da gäb`s noch so viele coole Routen.
Climax: Am 2. Mai 2025 bist du mit der Route „Bombardino“ in Arco deine erste 9a+ geklettert. Hast du dir dafür gewisse Sequenzen in der Halle nachgebaut, um daran zu trainieren? Wie stehst du generell zu Replikas? Wird das in Zukunft ein Schlüssel sein, um den Schwierigkeitsgrad zu pushen?
Babsi: Das habe ich eigentlich noch nie gemacht. Meist probiere ich intensiv an der jeweiligen Route, das ist das beste Training für mich. Es dauert vielleicht etwas länger, bis man dann durchsteigt, aber man verbringt weniger Zeit in der Halle und mehr am Felsen. Das taugt mir einfach besser. Am Felsen bin ich immer voll motiviert, in der Halle leider nicht immer. Aber trotzdem trainiere ich auch viel in der Halle, aber dann eher generell die Maximalkraft, Ausdauer, Körperspannung. Damit ich eine gute Basis habe für die Felssaison.
Ich glaube, wenn man ein sehr identisches Replika hat, braucht man natürlich weniger Zeit am Projekt am Felsen. Das ist dann so ähnlich, als wenn man direkt am Felsen wäre und vielleicht auch effizienter. Aber man ist halt eben nicht am Felsen und in der Natur, sondern in der Halle am Plastik. Und als Flash oder Onsight kann man so etwas dann auch nicht mehr bezeichnen.
Climax: Vielen Dank für dieses schöne Interview liebe Babsi. Wir wünschen dir viel Spaß bei der Paul Preuss Preisverleihung und viel Erfolg bei eurem nächsten Trip ins Yosemite Valley.
Babsi Zangerl wird unterstützt von:
Black Diamond, La Sportiva, Vibram, Coros, Frictionlabs, Fazabrushes